Tausende Renten falsch berechnet

Senioren bekamen bis zu 270 Euro monatlich zu wenig ausbezahlt Bundesversicherungsamt rügt fehlerhafte Beratung der Rentenversicherer

von Daniel Baumann

BERLIN. Zehntausende Rentner haben in den vergangenen Jahren zu wenig Rente bekommen, weil die Rentenversicherer schlampig gearbeitet haben. Das geht aus dem Tätigkeitsbericht des Bundesversicherungsamtes hervor. Darin heißt es, dass "in sehr vielen Fällen" Renten neu berechnet werden müssen. Die Rentenversicherung räumte die Fehler ein und hat sie nach eigenen Angaben inzwischen korrigiert.

Die Summen, die den Rentnern zunächst entgingen, sind beträchtlich. In den gravierendsten Fällen kam es zu Nachzahlungen in Höhe von 16 000 Euro und zu Rentensteigerungen von bis zu 270 Euro monatlich. Die Prüfer bemängelten vor allem, dass die Rentenversicherungen "im Rahmen der Antragsbearbeitung unzureichend beraten". Die Träger sind gesetzlich verpflichtet, für ihre Versicherten die optimale Rente zu berechnen - selbst wenn diese die Antragsformulare falsch ausgefüllt haben sollten.

In rund 8 000 Fällen wäre es zum Beispiel für vor 1944 geborene Frauen attraktiver gewesen, eine Altersrente für Frauen zu beantragen, stattdessen beantragten viele eine Rente wegen Arbeitslosigkeit.

Außerdem werden zurzeit dem Bericht zufolge mehrere zehntausend Fälle überprüft, wo Bezieher einer Erwerbsminderungsrente nicht auf die Möglichkeit hingewiesen wurden, eine möglicherweise vorteilhaftere Altersrente zu beantragen. Auch wurden in Hunderten von Fällen Beitragsnachzahlungen bei der Rentenberechnung nicht korrekt berücksichtigt. Menschen, die mit Erreichen des Rentenalters von einer Erwerbsminderungsrente in die Altersrente wechselten, wurden zudem vielfach ihre einst geleisteten Beitragszeiten nicht angerechnet.

Die Behörde kritisiert in ihrem Bericht, dass es "trotz zunehmender technischer Unterstützung nach wie vor schwierig ist, das komplexe Rentenrecht fehlerfrei in die Praxis umzusetzen". Diesem Urteil schlossen sich gestern auch der Bundesverband der Rentenberater, der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Sozialverband VdK an.

VdK-Präsidentin Ulrike Mascher mahnte an die Adresse der Rententräger: "Solche Fehler dürfen nicht vorkommen." Die Rentenversicherung müsse alles dafür tun, um das abzustellen. "Eine Fehlerquote ist beim operierenden Arzt im Krankenhaus nicht akzeptabel, und sie ist bei der Rentenversicherung nicht akzeptabel", sagte Mascher. "Beide Male führen Fehler zu existenziellen Bedrohungen." Wer an der Korrektheit seines Rentenbescheids zweifelt, kann sich zur Überprüfung an die Rentenversicherung oder unabhängige Rentenberater wenden. Auch Sozialverbände beraten ihre Mitglieder.

"50 Euro haben oder nicht haben, kann eine existenzielle Frage sein." Ulrike Mascher, VdK-Präsidentin

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