Die
neuen Städte Da der
Werder als kurfürstlicher Besitz in die Festung einbezogen war, konnte
die Besiedlung auf diesem Gebiet in Angriff genommen werden. Die schon
im 16. Jahrhundert vorhandenen Anlagen wurden jetzt fortgeführt. Die neue
Siedlung, die den Namen Friedrichwerder erhielt, war anfänglich eine landesherrlichen
,,Freiheit", d.h. ein Bezirk, der der Ratsverwaltung entzogen war;
ihre Einwohner besaßen kein Bürgerrecht. Der Anbau ging sehr schnell vor
sich. Der erste, der sich ein stattliches Haus errichtete, war der Ingenieur
Memhardt, am Platz der heutigen Kommandantur Unter den Linden. Sein Nachbar
auf dem Boden des Kronprinzen Palais war der kurfürstliche Geheimsekretär
Johann Martiz. In der Mehrzahl siedelten sich kurfürstliche Beamte auf
dem Werder an. Der Anbau begann vom Spittelmarkt her, wo sich ein kurfürstlicher
Baumgarten erstreckte, an den sich bis zum Reitstall ein Holzgarten anschloß.
Längs durch diese Gärten wurde die Hauptstraße, die Kurstraße, damals
Friedrichstraße genannt, angelegt, sie führte am Jägerhof vorbei. Auf
seinem Grund und Boden steht jetzt die alte Reichsbank. Die zweite Hauptstraße
wurde die alte Leipziger Straße, die vom alten Leipziger Tor bis zur Jungfernbrücke
verlief. Sie vermittelte die einzigste Verbindung von außen nach Cölln,
nachdem die vom Gertraudtenkirchhof abgehende alte Straße durch die Bastion
abgeriegelt war. 1670 wurde die ,,Freiheit" in die ,,Residenz und
Feste" Friedrichwerder umgewandelt. Die neue Stadt erhielt einen
Marktplatz jetzt Werderscher Markt, an ihm gelegen ein Rathaus. In ihm
befand sich die Stadtschule, auch wurde der Gottesdienst für die Kirchengemeinde
dort abgehalten. 1699 wurde der französischen und deutschen Kirchengemeinde
der Reitstall für einen Umbau zu einer Kirche überwiesen. 1701 wurde die
Kirche eingeweiht. 1824 erfolgte ein Neubau durch Schinkel in der Form
wie heute die Friedrichwerdersche Kirche noch besteht. In der Nähe des
Marktes wurde auf dem Grund von alten Mühlen 1670 der Packhof mit einem
Hafen, in dem die Hamburger Schiffe anlegten, gebaut 1835 errichtete Schinkel
auf diesem Platz die Bauakademie. Die Mühlen wurden auf die Schloßfreiheit
verlegt. Auf dem Werder nahm seinen Wohnsitz der Marinedirektor Benjamin
Raule (Raules Hof), der auf der Stelle des alten Ballhauses sich ein Haus
baute. Der Stadtteil zwischen dem Cöllner Stadtgraben und der Fortifikation
vom Gertraudtenkirchhof und dem Oberbaum wurde gleichfalls besiedelt und
erhielt den Namen ,,Neucölln am Wasser".
Die
Dorotheenstadt Die Anlage des Homwerkes
1681, das noch vor der Vollendung der eigentlichen Festung in Angriff
genommen wurde, gab die Veranlassung zu einer zweiten Stadtgründung. Mehrere
Bürger und Hofbeamte hatten den Wunsch geäußert, vor der Neustädtischen
Brücke, auf dem Gelände zwischen der Spree und den Linden, Baustellen
zu erwerben. Das Gebiet gehörte zu einem Tiergartenvorwerk, das der Größe
Kurfürst seiner zweiten Gemahlin Dorothea 1668 geschenkt hatte. Da der
Boden wenig Ertrag bot, bat Dorothea um die Erlaubnis, das Ackerland als
Baustellen auszuteilen. 1674 wurde die Stadt privilegiert und Dorotheenstadt
genannt. Das an der Spree gelegene Wiesengelände wurde als ,,Neue Auslage
in den Bebauungsplan einbezogen, aber erst später der Bebauung erschlossen.
Es entstanden u.a. die Charlottenstraße, und die Dammstraße, später Friedrichstraße,
an deren Nordende die
Dorotheenstädtische (Weidendammer) Brücke zur Spandauer Vorstadt
hin aufgeführt wurde. Um 1699 wurde die Dammstraße in grader Linie bis
zur Berliner Hasenheide durchgelegt, und damit verschwanden die zahlreichen
Wege, die sich früher in dieser Gegend befanden. An öffentlichen Gebäuden
und Anlagen sind die Dorotheenstädtische Kirche und der dahinter liegende
SchiffsbaupIatz zu nennen. Der Bau der Kirche begann 1678 und wurde 1687
beendet. Ihre Benutzung stand der deutschen sowie der französischen Gemeinde
gemeinsam zu. Den Schiffsbauplatz hatte der Große Kurfürst anlegen lassen.
Im Jahre 1696 wurde der Kammergerichtspräsident von Danckelmann Besitzer
des Hauses. Seine Erben überließen es 1712 dem Oberhofmeister von Kamecke.
Dieser ließ durch Schlüter das bekannte Gartenhaus (Palais Kamecke) in
der Dorotheenstraße erbauen.
Die
Friedrichstadt
Auf der Südseite der Linden hatte der Große Kurfürst eine dritte Neustadt,
die ,,Friedrichstadt" begonnen, doch 1681 wurde diese zur Dorotheenstadt
gezogen. Sein Sohn, König Friedrich 1., führte gleich nach seinem Regierungsantritt
den Plan des Vaters durch. Das durch die heutige Behrenstraße, Schützenstraße
und die Festungswerke begrenzte Gebiet, das Cöllner Sommerfeld, wurde
von den Ackerbesitzern erhandelt und in viereckige Baublocks zerlegt.
Die Neuanbauenden erhielten günstige Privilegien, durften aber nur nach
den von Nehring gefertigten Bauzeichnungen Häuser errichten. 1695 übernahm
der Ingenieur Behr (nach ihm die Behrenstraße) und Grünberg die Bauleitung.
Als Hauptstraße wurde die Friedrichstraße und die Leipzigerstraße angelegt,
als Seitenstraßen entstanden die Kronen-, Mohren-, Tauben- und Jägerstraße.
Die Charlottenstraße wurde mit der Dorotheenstadt verbunden. Zwei Plätze
sollten dem Marktverkehr dienen, der Friedrichstadtische Markt (Gendarmenmarkt)
und der Große Markt (Dönhoffsplatz).
Bauliche
Veränderungen
Bedeutsam waren die baulichen Veränderungen, die das 17. Jahrhundert in
der Nähe des Schlosses brachte. Von ihm aus wurde zur besseren Verbindung
mit dem Tiergarten - der Zug nach dem Westen - 1647 von der Hundebrücke
bis zum Beginn der heutigen Straße Unter den Linden eine sechsreihige
Allee von Linden und Nußbäumen angelegt. Die Geburtsstunde der Prachtstraße
Berlin, der Ost-West-Achse, hatte geschlagen. Diese erste Anlage der Straße
fiel der Fortifikation zum Opfer. Der heutige Straßenzug Unter den Linden
entstand 1673 und begann an der Neustädtischen Brücke und reichte bis
zur Wallgasse (Schadowstraße). Zwischen der Hundebrücke und der Neustädtischen
Brücke wurde 1695 der Grundstein zum Arsenal oder Zeughaus gelegt. Die
künstlerische Urheberschaft ist strittig. Wahrscheinlich haben Blondel,
de Bodt, Nehring, Schlüter und Grünberg daran gearbeitet.
Bald nach seinem Regierungsantritt ließ der Große Kurfürst im Verein mit
seiner jungen Gemahlin Luise Henriette den Lustgarten nach holländischem
Geschmack anlegen. Nachbildungen antiker Statuen zierten den Garten. Der
Leibarzt Dr. Elsholtz legte in ihm den ersten Botanischen Garten an. Hier
wurden die ersten Kartoffeln gepflanzt. Den Lustgarten ließ der Große
Kurfürst durch eine Reihe schöner Gebäude umgeben. Bei dem Pomeranzenhaus
an der Ostseite wurde ein großes Bibliotheksgebäude geplant, das unvollendet
blieb. Zwischen der Bibliothek und dem Schloß lag die Schloßapotheke,
in dessen erstem Stock 1661 die Bibliothek eingerichtet wurde. An der
Nordwestecke des Schlosses entstand 1667 das Ballhaus. Dem Schloß gegenüber,
an der Breitenstraße, erhob sich seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts
der kurfürstliche Marstall. Als dieser 1665 abbrannte, wurde durch Smids
ein Neubau errichtet mit Beibehaltung der anscheinend unbeschädigt gebliebenen
Vorderansicht. Der dem Schloß gegenüber liegende Uferweg von der Parochialkirche,
Langen Brücke in der Richtung zum Spandauer Tor wurde als Burgstraße ausgebaut.
In der Stadt entstanden beachtenswerte Privathäuser, so am Collnischen
Fischmarkt Ecke der Roßstraße das Haus des Generalfeldmarschalls von Derfflinger.
Dieser Bau ist ein Werk Nehrings.
Auf Veranlassung des Kurfürsten entschloß sich der Rat von Berlin, sein
Rathaus durch eine grundlegende Erneuerung zu verschönern. Nach Nehrings
Entwürfen wurde ein neuer Flügel in der Spandauer Straße errichtet. Von
demselben Künstler stammt auch der Bau der neuen reformierten Pfarrkirche,
der Parochialkirche, in der Klosterstraße. Nach Nehrings Tode, 1695, wurde
Grünberg mit der weiteren Bauleitung betraut. Die Einweihung verzögerte
sich bis 1703, weil 1698 durch die Schuld des Hofmaurermeisters Braun
die Gewölbekuppel einstürzte. Durch ihr Glockenspiel ist die Kirche ein
Wahrzeichen Berlins geworden.
Die
Vorstädte
Trotz der Festungswerke nahmen die Vorstädte immer mehr an Einwohnerzahl
zu. Vor allem in der Spandauer Vorstadt und an den großen Ausfallstraßen
wurde eifrig gebaut. Die Bevölkerungszahl in der Vorstadt vor dem Köpenicker
Tor wuchs so, daß es nötig wurde, für diesen Ortsteil eine neue Kirche
an der alten Bullenwiese zu errichten. Sie wurde Sebastiankirche genannt,
nach dem Cöllner Ratsmann Nehte, welcher den Hauptverdienst am Kirchenbau
hatte. Grünberg hat sie gebaut. 1802 wurde sie Luisenstädtische Kirche
genannt.