Geschichte
Gründung
und Mittelalter
Ein
genaues Gründungsdatum von Dalldorf ist nicht urkundlich belegt.
Da allerdings um 1230 der hochmittelalterliche Landesausbau des Barnim
erfolgte, wird in aktuellen Publikationen von einer Gründung um
1230 ausgegangen. Eine erste urkundliche Erwähnung ist erst für
das Jahr 1322 als Daldorff belegt; darin wird festgelegt, dass Tegel
zu einer Filiale der Pfarre Dalldorf wird. Bereits vor 1322 befindet
sich das Dorf im Besitz des Nonnenklosters von Spandau (und zwar bis
1558). Allerdings ist diese Urkunde im Original nicht mehr erhalten,
sodass für die offiziellen Feierlichkeiten zum Ortsjubiläum
eine bis heute erhaltene Urkunde aus dem Jahr 1351 maßgeblich
ist. In dieser Urkunde spricht Markgraf Ludwig dem Nonnenkloster in
Spandau eine Rente aus den Einkünften der Bede in Dalldorf, Gatow,
Kladow und Liechtenow zu. Im Landbuch Karls IV. 1375 wurden für
Daldorp/Doldorff 39 Hufen ausgewiesen, davon vier Pfarrhufen. Es gab
zwölf Kossäten und einen Krug (taberna). Im Jahr 1450 gehörten
55 Hufen Ackerland zu Dalldorf, davon zwei Pfarrhufen und eine Kirchenhufe.
Es gab nur noch zwei Kossäten.
Um 1488 wurde die Dorfkirche Wittenau errichtet.
Nach
der Reformation
Nach
der Reformation und der damit einhergehenden Auflösung des Klosters
in Spandau 1558 wurde Dalldorf vom Amt Spandau verwaltet. Die Ableistung
der Frondienste zugunsten das Amtes erforderte von den Dalldorfern das
Zurücklegen langer Wege (u. a. zum Schönhauser Tor), dies
führte in einem ersten Schritt zu einer Reduzierung der Arbeitszeiten
und im Jahre 1715 schließlich zur Umwandlung der gesamten Frondienste
in ein Dienstgeld. Nach Ende des Dreißigjährigen Kriegs wohnten
1652 in Dalldorf nur noch sieben Familien, nur eine einzige davon war
bereits vor Beginn des Kriegs dort ansässig. Im Zuge der Wiederbesiedlungspolitik
in der Mitte des 18. Jahrhunderts gelang es allen Dalldorfer Kossäten,
Ackerland zugesprochen zu bekommen. Wie auch viele andere Dörfer
in der Umgebung Berlins verfügte Dalldorf nur über wenige
Wiesen, auf denen Vieh gehalten werden konnte. Der daraus resultierende
Mangel an Dung bremste auch die intensivere Nutzung von landwirtschaftlichen
Flächen. Entsprechend begannen 1782 Bestrebungen, das Seggeluch
– ein Sumpfgebiet zwischen Dalldorf, Rosenthal und Lübars
– zu entwässern. Nach beendeter Melioration im Jahre 1790
konnte nun eine zusätzliche Fläche von etwa 60 Morgen zur
Viehhaltung genutzt werden. Die bis heute dort erhaltene Niederung wurde
im Zuge der Gründung des Märkischen Viertels geflutet und
ist heute als Seggeluchbecken bekannt.
Zeit
der Industrialisierung
Wappen von Wittenau (links) und Berlin (rechts) über dem Hauseingang
Oranienburger Straße 186, entstanden um 1927Mit dem Wachsen der
Stadt Berlin stieg auch die Einwohnerzahl Dalldorfs beständig an.
Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die
Landwirtschaft auf intensivere Kulturen umgestellt wurde. Dies erforderte
wiederum mehr Arbeitskräfte, die zunächst als Einlieger nach
Dalldorf kamen. Oft erworben sich diese später das Recht, ein Haus
zu bauen, sodass sie in die Klasse der Büdner aufsteigen konnten.
Bedeutende politische Ereignisse wie die französische Besatzung
nach 1806 und die Bauernbefreiung in Preußen bremsten zwar die
Entwicklung Dalldorfs, hatten aber darüber hinaus keine entscheidenden
Auswirkungen. Dies ist beispielsweise auf die schon im 18. Jahrhundert
erfolgte Ablösung der Frondienste zurückzuführen. Erst
1827 wurde in Dalldorf der erste Antrag zur Separation gestellt. Zeitgleich
wurde ein Teil der Jungfernheide in einen Schießplatz umgewandelt
(heute: Flughafen Tegel). Da dort bis zu diesem Zeitpunkt Schafe aus
Dalldorf weideten, erhielten die Bauern Ausgleichszahlungen, was ihnen
das Aufbringen der Ablösungssumme für alte Dienste und Abgaben
zumindest erleichterte.
1869
erwarb die Stadt Berlin ein weiteres Mal Land von der Gemeinde Dalldorf,
diesmal zum Bau einer städtischen Irrenanstalt. Die Anstalt wurde
von 1877 bis 1879 errichtet und war fortan als Städtische Irrenanstalt
zu Dalldorf bekannt, heute wird die Klinik Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik
genannt. Aufgrund der expliziten Erwähnung des Ortsnamens wurde
Dalldorf in den Folgejahren im Volksmund zum Synonym für Irrenanstalt.
Mit
der Fertigstellung der Nordbahn 1877 und der Kremmener Bahn 1893 kamen
Dalldorf und die umliegenden Dörfer für eine Randwanderung
der Berliner Industrie in Frage. Den größten Einfluss für
die Entwicklung Dalldorfs hatte der Umzug der Firma Borsig nach Tegel.
Für die rund 4800 Arbeiter und 500 Angestellten stand kein ausreichender
Wohnraum in der Nähe des neuen Werks zur Verfügung, daher
sollte eine Werkssiedlung gebaut werden. Eine eigens dafür gegründete
Terraingesellschaft kaufte 200 Morgen Land von der Gemeinde Dalldorf
und legte auf der ehemaligen Weidefläche ein Straßennetz
an. Rund ein Jahr nach Beginn der Produktion in den neuen Tegeler Borsigwerken
konnten die ersten Wohnungen der Werkssiedlung zum 1. Oktober 1899 bezogen
werden. Den Bewohnern dieser neuen Siedlung war die Assoziation von
Dalldorf mit der Irrenanstalt bekannt, sodass man sich frühzeitig
um einen eigenständigen Namen bemühte. Die Brüder Conrad
und Ernst Borsig und waren mit der Verwendung ihres Familiennamens einverstanden,
somit konnte der Name Borsigwalde offiziell verwendet werden. Dennoch
gehörte die Siedlung verwaltungstechnisch weiterhin zu Dalldorf.
Aber
nicht nur die zugezogenen Borsigwalder bemühten sich, keine Verbindung
zur Irrenanstalt aufkommen zu lassen. Auch die Dalldorfer selbst wussten
um die negative Assoziation, die ihrem Dorfnamen anhing. Daher wurde
bereits am 24. Januar 1903 ein Gesuch an den zuständigen Landrat
des Kreises Niederbarnim gestellt, die Gemeinde umzubenennen. Pate für
den neuen Namen standen der erst 1902 verstorbene langjährige Amtsvorsteher
Dalldorfs, Peter Witte, sowie die Lage der Gemeinde auf dem flachen
Land (eine Au). Der neue Name Wittenau erfuhr aufgrund der Beliebtheit
Wittes großen Zuspruch. Dem Antrag wurde nach fast zweijähriger
Bearbeitungszeit am 23. August 1905 per Kabinettsorder entsprochen und
der neue Name konnte von nun an verwendet werden. Da jedoch auch die
psychiatrische Klinik den neuen Ortsnamen annahm, wurde statt Dalldorf
nun Wittenau als Synonym für Irrenanstalt verwendet. Unabhängig
von der Frage des Namens der Gemeinde folgten um die Wende zum 20. Jahrhundert
und in den 1910er Jahren zahlreiche weitere Firmen dem Beispiel der
Firma Borsig und siedelten sich entlang der Nordbahn und Kremmener Bahn
an: nördlich des Bahnhofs Wittenau der Nordbahn sind heute noch
Bauten der Fahrzeugfabrik F. G. Dittmann erhalten, im Südwesten
des Ortsteils befindet sich ein weitläufiges Industriegebiet. Dies
führte, zusammen mit einem Anstieg des Wohlstands der Bürger,
zu höheren Steuereinnahmen, so dass die Gemeinde Wittenau um 1906
mit der Planung eines repräsentativen Rathausbaus begann. Der Grundstein
wurde am 3. März 1910 gelegt und am 13. Mai 1911 wurde das Rathaus
Wittenau feierlich eingeweiht.
Zeit
der Weltkriege
Gedenktafel
am ehemaligen Gebäude der Firma Alfred TevesDie Randwanderung der
Berliner Industrie überlagerte sich in Wittenau mit dem Beginn
des Ersten Weltkriegs. So war zum Beispiel bereits 1913 die Deutsche
Waffen- und Munitionsfabrik an die Kremmener Bahn gezogen. Die Ansiedlung
vieler Maschinenfabriken in und um Wittenau führte dazu, dass die
Gemeinde stark von der Arbeiterbevölkerung geprägt war. So
ist es nicht verwunderlich, dass die Fabriken in Wittenau und den umliegenden
Gemeinden immer wieder Ausgangspunkt von Demonstrationen und Streiks
der organisierten Arbeiterschaft waren. Der große Antikriegsstreik
vom 28. Januar 1918 führte letztendlich sogar dazu, dass über
die Rüstungsbetriebe im Norden Berlins das Kriegsrecht verhängt
wurde und Militärposten in den Straßen patrouillierten. Dennoch
konnten organisierte Gruppen weiterhin Waffen und Munition entwenden
und verstecken. Diese wurden dann am 9. November 1918 an die demonstrierende
Bevölkerung verteilt, die unter anderem das Rathaus Wittenau stürmte.
In den folgenden Tagen übernahm ein Arbeiter- und Soldatenrat die
Verwaltung der Gemeinde.[19] Die Prägung Wittenaus durch die Arbeiterschaft
wurde nicht nur in den Wahlen zur Nationalversammlung deutlich, bei
der die SPD und die USPD die meisten Stimmen in der Gemeinde erhielten, ebenso folgten alle Wittenauer Betriebe dem Aufruf zum Generalstreik
als Reaktion auf den Kapp-Lüttwitz-Putsch. Nach Kriegsende führte
die Umstellung auf Friedensproduktion in Wittenau zur Entlassung von
großen Teilen der Belegschaft, da die hier ansässige Industrie
vornehmlich Rüstungsgüter herstellte.[23] Dieses Problem wurde
durch die Eingemeindung Wittenaus als Ortsteils des Bezirks Reinickendorf
nach Groß-Berlin 1920 vorerst nicht gelöst. Erst Mitte der
1920er Jahre besserte sich die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung
in Wittenau. Dies äußerte sich vor allem in den umfangreichen
Bautätigkeiten im Ortsteil, so wurden in dieser Zeit nicht nur
die Wohnanlage Siedlung Wittenau südöstlich des Rathauses
und die Siedlung Grünland an der Straße nach Alt-Tegel angelegt,
auch der Volkspark Wittenau und der Steinbergpark datieren aus dieser
Zeit.
Nach
der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten konnte sich
die NSDAP mit Hilfe von SA-Abteilungen auch bei den Wahlen auf bezirklicher
Ebene durchsetzen, sodass in der Reinickendorfer Verwaltung im April
1933 begonnen wurde, aus politischen und rassistischen Gründen
Personen aus dem Bezirksamt zu entlassen und zu vertreiben. Der moderne
Großsiedlungsbau wurde gestoppt, dafür wurde im Zuge der
Kriegsvorbereitungen verstärkt in die Produktion von Kriegsgütern
investiert. Dies kam wiederum den Firmen in Wittenau zugute. Die Deutschen
Waffen- und Munitionswerke nahmen ihre Produktion wieder auf, die noch
leer stehenden Hallen auf dem Firmengelände wurden von den Mauser-Waffenwerken
genutzt. Im Nordosten Wittenaus profitierten die Firmen Max Hensel Maschinenfabrik
und Eisenbau sowie Alfred Teves Maschinen- und Armaturenfabrik, beide
an der Industriebahn Tegel–Friedrichsfelde gelegen. Trotz der
verbesserten wirtschaftlichen Lage für einen Großteil der
Arbeiterschaft formierte sich auch in Wittenau Widerstand gegen den
Nationalsozialismus. Zuverlässig dokumentiert sind diverse Widerstandsgruppen
in den Rüstungsbetrieben, so war die Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation
sowohl in der Wittenauer Firma Alfred Teves als auch in den Rüstungsbetrieben
der umliegenden Ortsteile aktiv.
Durch
die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg wurden im gesamten Bezirk Reinickendorf
vornehmlich Industriegebäude beschädigt, der Verlust von Wohnraum
und Menschenleben lag deutlich unter dem Berliner Durchschnitt. Am 25.
April 1945 wurde Wittenau schließlich von der Roten Armee eingenommen.
Nachkriegszeit
Nach
der Einnahme des Ortsteils durch die Rote Armee konnte relativ zügig
wieder eine provisorische Ortsverwaltung gebildet werden. Dies lag daran,
dass sich kleine Gruppen von Antifaschisten fanden, die bereit waren,
in Abstimmung mit den Besatzern die Verwaltung zu übernehmen. In
Wittenau wurde Anton Jadasch zum Ortsbürgermeister ernannt. Unverzüglich
nach Ende der Kampfhandlungen in Berlin begann zunächst die sowjetische
Besatzungsmacht mit der Demontage unbeschädigter Industrieanlagen
und deren Einrichtungen. Die vorübergehende britische Besatzungsmacht
führte dies nicht fort. Mit dem Einzug der französischen Alliierten
als endgültige Besatzungsmacht begannen die Demontagen allerdings
erneut. Diese setzen sich bis zur Unterzeichnung des Petersberger Abkommens
am 22. November 1949 fort. Dennoch gelang es einigen Betrieben bereits
zum November 1945 wieder verschiedene Erzeugnisse zu produzieren, die
ehemaligen Rüstungsbetriebe in Wittenau produzierten vor allem
Haushaltswaren und zum Wiederaufbau benötigte Produkte (die Mauserwerke
zum Beispiel Kartoffelhacken und Brotformen, die vormalige Deutsche
Waffen- und Munitionsfabriken stellten jetzt Öfen und Baubeschläge
her). Die gerade wieder in Schwung gekommene Industrie in Wittenau wurde
durch die Berlin-Blockade in den Jahren 1948/1949 allerdings jäh
ausgebremst. Zahlreiche Betriebe stellten die Produktion vorübergehend
ein, vor allem Handwerksbetriebe nahmen die Arbeit erst mehrere Monate
nach Ende der Blockade wieder auf. Der politische Wiederaufbau kam schneller
voran: bereits im September 1950 wurde der Grundstein für den Anbau
am Rathaus Reinickendorf gelegt. Erst für den Zeitraum nach 1953
ist ein merkliches Wachstum der Industrieproduktion nachweisbar. Zahlreiche
Unternehmen konnten zu diesem Zeitpunkt ihre Produktion ausweiten (z.
B. Waggon Union, ZF Friedrichshafen), andere zogen gerade in dieser
Zeit in den Ortsteil (z. B. Collonil). Nicht nur Industriebetriebe siedelten
sich in Wittenau an, auch die größte der Wohnanlagen für
die Angehörigen der französischen Streitkräfte –
die Cité Foch – entstand hier seit 1953. Einigen Wohnblocks
entlang der Cyclopstraße folgten später zahlreiche Wohn-,
Verwaltungs- und Versorgungsgebäude nordöstlich des heute
abgerissenen Güterbahnhofs Wittenau an der Grenze zu Waidmannslust.
Die Lage an der Ortsteilgrenze und die Tatsache, dass die französischen
Repräsentanten in Waidmannslust residierten (siehe: Ehemalige Residenz
des Hohen Kommissars der Französischen Republik für Deutschland),
führen auch heute noch dazu, dass die Cité Foch fälschlicherweise
zu Waidmannslust gezählt wird. Selbst die Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben, die das Gebiet heute verwaltet, macht diesen Fehler.
Märkisches ViertelWährend der 1950er Jahre stieg die Einwohnerzahl
des Bezirks Reinickendorf insgesamt an und bescherte den Ortsteilen
einen großflächigen Neubau von Wohnbauten. 1957 übertraf
die Anzahl der Neubauten sogar den Berliner Durchschnitt. Im Zuge dieser
Entwicklung begannen in Wittenau 1963 die Bauarbeiten für eine
Großsiedlung östlich des Wittenauer Abschnitts der Nordbahn.
Bis 1974 entstand hier das Märkische Viertel, das seit Juni 1999
ein eigener Ortsteil ist.
Der Mauerbau 1961 hatte auch für die Wittenauer Wirtschaft weitreichende
Konsequenzen. Ebenso wie im gesamten Bezirk Reinickendorf sank die Anzahl
der Kleinbetriebe, es wurde vermehrt in Betrieben mit mehr als zehn
Beschäftigten gearbeitet. Weiterhin wurde die öffentliche
Verwaltung mit dem Neubau des Finanzamtes Reinickendorf 1976 noch einmal
zentralisiert. Diese Konstellation erforderte – ebenso wie das
geringe kulturelle Angebot – eine leistungsfähige Infrastruktur.
Bereits 1958 war die damalige U-Bahnlinie C (heute: Linie U6) nach Tegel
verlängert worden, wodurch zumindest Borsigwalde von der U-Bahn
tangiert wurde.
Im
Zuge des S-Bahn-Boykotts in West-Berlin war Wittenau verstärkt
auf die Berliner U-Bahn, Busse und den Individualverkehr angewiesen.
Die komplette Einstellung des Zugbetriebs auf der Kremmener Bahn und
der Nordbahn im Januar 1984 verschärften diese Situation noch zusätzlich.
Der östliche Teil Wittenaus verfügte bereits mit der Bundesstraße
96 über eine gut ausgebaute Nord-Süd-Anbindung für den
Individualverkehr. Zusätzlich wurde in den 1970er Jahren mit dem
Bau der A 111 – einem Zubringer für die Berliner Stadtautobahn
und den Berliner Ring – begonnen, die komplette Fertigstellung
dauerte bis 1987. Mit der Anschlussstelle Holzhauser Straße erhielt
der Westen Wittenaus eine direkte Anbindung an die Innenstadt. In den
1970er und 1980er Jahren wurde nicht nur in die Verkehrsinfrastruktur
Wittenaus investiert, sondern auch in öffentliche Bauten: 1971
wurde der Bau der Ringelnatz-Grundschule in der Wilhelm-Gericke-Straße
fertiggestellt, nur ein Jahr später folgte die Peter-Witte-Grundschule
in der Rathauspromenade.
Nach
der Fertigstellung des Finanzamts Reinickendorf 1976 am Eichborndamm
folgte 1978 die Schule Am Park östlich des Volksparks Wittenau.Schließlich
wurde 1983 in der Cyclopstraße der Neubau für zwei Oberstufenzentren
eröffnet, die heute unter den Namen Emil-Fischer-Schule sowie Ernst-Litfaß-Schule
geführt werden. 1985 wurde der Neubau des Humboldt-Krankenhauses
auf einem Gelände am Nordgraben eröffnet.
Nach
der Wiedervereinigung
Mit
dem Fall der Berliner Mauer und der sich anschließenden Wiedervereinigung
war nördlich von Berlin günstiges Bauland verfügbar.
Dies und eine koordinierte Wirtschaftsförderung im Landkreis Oberhavel
führten in den Folgejahren vermehrt zur Abwanderung von jungen
Familien und Industrieunternehmen ins nördliche Berliner Umland.
Im September 1994 erfolgte die Anbindung Wittenaus an die Linie U8 der
Berliner U-Bahn, nachdem bereits 1992 die Nordbahn wieder nach Oranienburg
fuhr.
Erst
1995 wurde der Betrieb auf der Kremmener Bahn wieder aufgenommen, womit
Wittenau seit diesem Zeitpunkt wieder vollständig an die beiden
historischen Nord-Süd-Trassen angebunden ist. Die teilweise Abwanderung
der Wittenauer Industrie sorgte für einen Strukturwandel im Ortsteil
hin zu einer Mischung aus Gewerbe und Wohnungen. 1994 wurde in direkter
Nähe zum Triftpark mit dem Bau einer Wohnsiedlung begonnen, die
heute aufgrund ihrer Fassadenfarbe als Blaue Siedlung bekannt ist –
analog zur Gelben Siedlung auf der anderen Seite des Triftparks, deren
Reihenhäuser bereits 1988 fertiggestellt wurden. In den 1990er
Jahren entstanden außerdem zwei Reihenhaussiedlungen, diese beiden
Neubaumaßnahmen wurden allerdings von diversen Ungereimtheiten
und entsprechenden Protesten begleitet. Ursprünglich sollte auf
dem parkähnlichen Gelände Am Spießweg ein Ersatz für
das dort vorher abgerissene Seniorenheim entstehen, diese Planung wurde
aber nie realisiert, stattdessen befindet sich dort seit 1999 eine Reihenhaussiedlung.
Zu Ende gebracht wurden hingegen die Planungen für das Gebiet der
ehemaligen Kleingartenkolonie „Neue Heimat“, nach diversen
Zwangsräumungen seit März 1996 konnte letztendlich im Dezember
1996 der Grundstein für eine Reihenhaussiedlung und zweigeschossige
Zeilenbauten gelegt werden. Ohne Proteste verlief hingegen der Abzug
der Franzosen aus der Cité Foch, die anschließend saniert
wurden. Die Wohnungen dort wurden im Zuge des Umzugs der Bundesregierung
nach Berlin von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verwaltet
und vermarktet; sie sollten hauptsächlich Bundesbeamten mit ihren
Familien zur Verfügung gestellt werden. 1994 wurde hier in den
ehemaligen Räumen der französischen Grundschule École
Victor Hugo das Romain-Rolland-Gymnasium gegründet, ein Gymnasium
mit französischem Schwerpunkt. Ende der 1990er Jahre erfuhr die
Cité Foch eine kurzfristige Belebung, speziell durch die Eröffnung
eines famila-Warenhauses im alten Einkaufszentrum. Im Juli 2001 wurde
famila in Berlin von Kaufland übernommen, im Februar 2006 wurde
dann die Filiale in der Cité Foch geschlossen, die nahe Kaufland-Filiale
am Eichhorster Weg existiert noch. Wie bereits seinerzeit befürchtet
wurde, verödete die Siedlung weiter, im Jahr 2011 schloss dann
auch das letzte Lebensmittelgeschäft.
Als
erfolgreich hingegen kann der Wandel auf dem ehemaligen Gelände
der Waggon Union bezeichnet werden. Ab 1997 wurde dieses Gelände
zum Gewerbegebiet umgewandelt, die Vermarktung der Flächen erfolgte
zunächst unter dem Namen Factory Village, heute als Holzhauser
Markt. Die offiziellen Feierlichkeiten zum 650-jährigen Bestehen
Wittenaus wurden 2001 abgehalten.
Infolge
eines Beschlusses der Reinickendorfer Bezirksverordnetenversammlung
(BVV) vom 14. März 2012 hat das Bezirksamt am 24. April 2012 die
ehemalige Ortslage Borsigwalde zum 11. Ortsteil des Bezirks erklärt.
Somit gehört Borsigwalde nicht mehr zu Wittenau.
Öffentlicher
Nahverkehr
Wittenau
wird an seiner südwestlichen und seiner östlichen Ortsteilgrenze
von je einer Streckenführung der S-Bahn flankiert. Eine U-Bahn-Linie
verbindet diese beiden Streckenführungen und bindet somit den historischen
Kern des Ortsteils an die Berliner U-Bahn an. Verkehrsknotenpunkt ist
der Bahnhof Wittenau, von dem aus zahlreiche Buslinien in die benachbarten
Ortsteile abfahren. Die Linie 124 verbindet in Ost-West-Richtung die
Ortsteile Tegel und Märkisches Viertel, in Nord-Süd-Richtung
verbindet die Linien 120 den Wedding mit Frohnau. Über die Metrobuslinie
M21 und den parallel verkehrenden Expressbus X21 ist Wittenau an Charlottenburg-Nord
angebunden. Selbst in untergeordneten Straßen verkehren einige
Linien, diese haben allerdings eher Zubringerfunktionen.
Individualverkehr
Für
den motorisierten Individualverkehr ist Wittenau an die Bundesstraße
96 angeschlossen, die Bundesautobahn 111 verläuft rund einen Kilometer
westlich. Zusätzlich existieren mit dem Eichborndamm und der südlichen
Oranienburger Straße zwei weitere Hauptstraßen in Richtung
Süden, die Straßen Am Nordgraben, Gorkistraße und Alt-Wittenau
durchziehen den Ortsteil in Ost-West-Richtung. Die genannten Hauptstraßen
verfügen überwiegend über straßenbegleitende Radfahrwege,
in weiten Teilen sind diese allerdings stark sanierungsbedürftig.
Kopfsteinpflaster ist nur noch in einigen wenigen Nebenstraßen
vorhanden, der überwiegende Anteil der Straßen ist mit einer
geschlossenen Deckschicht versehen. In den meisten öffentlichen
Grünanlagen sind separate Radwege ausgewiesen. Gerade im Umfeld
dieser Anlagen sind viele Wege exklusiv für Fußgänger
vorbehalten und dienen als Verbindung zwischen zwei Straßenverläufen.
Sport
Die
Sportvereine in Wittenau haben zwar nur regionale Bedeutung, sind aber
mit ihrer Jugendarbeit ein wichtiger Anlaufpunkt für den sportlichen
Nachwuchs. Der TSV Wittenau 1896 e. V. ist der älteste Sportverein
im Ortsteils und bietet verschiedene Sportarten an, die Tischtennis-Abteilung
kann auf bekannte Mitglieder wie Helmut Deutschland, Uschi Janke und
Heinz Raack zurückblicken. Im Bereich Fußball gibt es mit
Concordia Wittenau zwar einen Traditionsverein, überregionale Erfolge
konnten dieser aber zuletzt in den 1950er Jahren erzielen. Professionelle
Fußballspieler, die hier den Grundstein für ihre spätere
Karriere legten, können nur vereinzelt nachgewiesen werden.